Achtsamkeitsbasierte Therapie und Strressreduktion MBCT/MBSR
Wirkmechanismen der Achtsamkeit wie z.B. Selbstmitgefühl sind nicht nur heilend, sondern bieten auch eine Denk- und Lebensalternative zum Streben nach Schnelligkeit, Effizienz und Rationalität..
Autorin: Melbert P
Verlag: München: E. Reinhardt
Erschienen: 2016
Zum Inhalt
Zunächst wird in einer Einführung auf die Achtsamkeit in verschiedenen etablierten Psychotherapien hingewiesen , z.B. die bedingungslose Wertschätzung in der Klientenzentrierten Psychotherapie, aber auch die frei schwebende Aufmerksamkeit des Therapeuten in der Psychoanalyse und dazu gehörend die zensurlose Assoziationsmitteilung des Patienten. Die am besten wissenschaftlich untersuchten achtsamkeitsbasierten Verfahren sind MBSR (Mindfulness-Based-Stess-Reduction) und MBCT (Mindulness-Based-Cognitive-Therapy). Erstere Methode ht viele Heilsanzeigen, insbesondere auch Erfolge in der Schmerztherapie; letztere hat besondere Erfolge in der Rückfallsprophylaxe bei depressiven Erkrankungen. Beide Methoden haben ihre Wurzeln in der Kognitiven (Verhaltens-) Therapie. Darüber hinaus gibt es natürlich eine uralte buddhistische Tradition.
Getreu dem Konzept " Wege der Psychotherapie" wird ein geschichtlicher Überblick gegeben. In einem weiteren Kapitel werden theoretische Überlegungen eingebracht. Ein Zitat bringt die wesentlichen Bestandteile des Achtsamkeitsprinzips zum Ausdruck: Die Kunst, anzukommen. An einem Ort zur selben Zeit zu sein. Ihn mit allen Sinnen wahrnehme,. Die Kunst zu sein, wo man ist (Seite 28f). Diese Haltung führe den Menschen an das Wesentliche heran und erfreue sich deshalb großer Popularität (Seite 29). Achtsamkeit kann eine Geisteshaltung charakterisieren, bei der es "um das Erkennen der kognitiv-emotionalen Strukturen und Reaktionen im Geist" geht (Seite 30). Einfacher formuliert: "So ist Achtsamkeit eine Art. im Leben und mit Körper und Geist in lebendigem Kontakt zu sein und das Kommen und Gehen von Erfahrungen (Körperempfindungen, Sinneseindrücken, Gedanken, Gefühlen) zu erleben, während es passiert." (Seite 30) Dabei würde auch die Vergänglichkeit bewusst werden, was eine Entlastung mit sich bringen könnte. (Seite 31)
Diese Präsenz zu erreichen bedarf es einer Methode, die ebenfalls mit "Achtsamkeit" zu bezeichnen ist. Achtsamkeit wird in Konzentration und Aufmerksamkeit eingebettet. Die Ausführungen der Autorin auf Seite 32ff weisen eine große in eigener Erfahrung gewachsene Kompetenz auf. Dennoch sind die Prämissen nicht unbedenklich, darauf sollen einige Beispiele hinweisen:
Vergänglichkeit muss nicht als Entlastung erlebt werden (Seite 31), vom "Schicksal" benachteiligte Menschen werden einfordern, dass auch sie etwas von der Sonnenseite des Lebens erhalten, die knapper werdende Zeitressource kann bedrücken.
Die Ursache für Leid in der Struktur des eigenen Geistes und seinen Mechanismen der Anhaftung und Kontrolle anstatt in den äußeren Bedingungen zu suchen (Seite 33), hat sicher auch eine entlastende Wirkung - allerdings eher z.B. für die Arbeitgeber.
Das Plädoyer für die nicht-beurteilende Haltung wird gern angenommen, allerdings wird die Haltung des Nicht-Anhaftens oft als Legitimation für das Nicht-Engagement missverstanden, oder sogar als Rechtfertigung einer schon nihilistischen Indifferenz. Wohltuend ist daher auf Seite 22 der Satz: "Mit Nicht-Urteilen ist aber nicht gemeint, keine Urteile oder Bewertungen mehr zu haben, sondern sich der Urteile bewusst zu werden und die Unterscheidungskraft zu entwickeln, , welche hilfreich/heilsam sind und welche nicht. (Seite 22)
"Mit der Intention, Achtsamkeit ...jedem Menschen zugänglich zu machen, entwickelte er.." (Seite 23) - diese Textstelle zeigt die notwendige Ergänzung des präsentischen Denkens durch Intentionalität. Die achtsame Ziellosigkeit kann also nicht alleiniger Inhalt der neuen Einstellung sein.
Theorie, therapeutischer Prozess, Evaluation, Ausblick und zukünftige Entwicklungen sind die weiteren Stationen dieses Buches. Das Abschlusskapitel fasst das Wichtigste zusammen:
"Die Stärke achtsamkeitsbasierter Methoden liegt in ihrer störungsübergreifenden Wirkung." (Seite 122). Dysfunktionale Prozesse werden beeinflusst, sodass sie ihren störungsgenerierenden bzw. -persistierenden Effekt nicht ausüben können. Wirkmechanismen der Achtsamkeit wie z.B. Selbstmitgefühl sind nicht nur heilend, sondern bieten auch eine Denk- und Lebensalternative zum Streben nach Schnelligkeit, Effizienz und Rationalität.
Das Buch ermöglicht einen kompetenten Einblick in eine vielversprechende neue Generation psychotherapeutischer Verfahren!