Alles neu gerahmt. Psychische Symptome in ungewöhnlicher Perspektive.
Wie verwandelt man Krankheitsbilder in Heilungsbilder?
Hammel S
2016
München: E.Reinhardt.
Zum Inhalt
Der Autor ist Klinik- und Psychiatriepfarrer, Hypnotherapeut und Leiter eines hypnosystemischen Institutes. Das Buch verwendet eine Metapher für seine inhaltliche Gliederung: Anhand der Räumlichkeiten eines Hauses werden zentrale (Trauma, Angst) und benachbarte Leidenszustände in einer Galerie der Krankheitsbilder dargestellt. (Die Hausmetapher hat schon viel früher Bill Bryson in seiner Kulturgeschichte des Alltags verwendet). Hammel betrachtet Krankheitsbilder als unvollendete Heilungsbilder, als interne Missverständnisse im Organismus oder als auf den Körper abgeschobene Probleme, die dieser rein physisch nicht lösen kann. Hier helfen "Grüße an das Hirn" (Seite 24), einfache Botschaften, die sich an das Unbewusste richten. Der Autor bringt viele kurze oder längere Texte, die er verschiedenen Krankheitsbildern und deren Bewältigung zuordnet, wobei er von einer ebenfalls einfachen Aufteilung ausgeht: Negatives trennen, Positives verbinden!
Die Geschichten sind von einer schlichten Verständlichkeit, manchmal aber auch etwas gehobener in der Diktion und nicht so leicht verstehbar. Der Glaube (sicher auch die Erfahrung) der Wirkkraft der Verbalbotschaften an das Unbewusste ist so groß, dass z.U. von manchen anderen hypnotherapeutischen Texten, die Botschaft nicht mehr in Verkleidung auftritt, sondern direkt appellativ erfolgt. Auf Seite 56 wird die "Phobie" aufgefordert, nicht mit den Feinden auch die Gäste abzuwehren, was als Botschaft bei Allergien vorgeschlagen wird.
Die Bekämpfung einer Phobie wird mit Filmemachen verglichen, wo man Schönes und Hässliches nach eigenem Belieben filmen kann und so die Kontrolle über die Symptome gewinnt.
Auf Seite 80 wird die Zwangskrankheit in ihrer Schutz- und Abwehrfunktion gesehen, bei den Ausführungen zu Automatismen wäre ein Versuch der Deutung der Symbolik lohnend, was auch für andere Krankheitsbilder gilt.
Die Regulierung des Körpergewichts (Seite 83) erfolgt so einfach, dass es den vielen frustrierten Schlankheitssuchern die Schamröte ins Gesicht treiben müsste: Es werden die "wissenden" Zentren in der eigenen Person angewiesen, für eine ausgewogene Ernährung zu sorgen. Das macht nicht nur verlegen, sondern auch etwa ärgerlich.
Das Buch, von den "Pressestimmen" im Buch hoch gelobt, enthält sicher viele Impulse und viel Kreatives. Für Hypnotherapeuten eine Fundgrube. Die Einleitungen zu den Krankheitsbildern enthalten viele Hinweise, wie man Krankheitsbilder als Heilungsbilder interpretieren kann. Wertvoll wäre zusätzlich, wenn die Art und Weise der Vermittlung der Botschaften beschrieben würde, sodass der uneingeweihte Leser bei einer Fallschilderung keine Magie der Worte "wahrnimmt",sondern den gezielten Einsatz der Neurahmung erleben und mitvollziehen kann!