Amok und andere Formen schwerer Gewalt- Risikoanalyse - Bedrohungsmanagement - Präventionskonzepte
Das Amok-Buch versucht das scheinbar Unmögliche: Die Systematisierung von - Gott sei Dank - extrem seltenen Ereignissen. Die Forschungen, über die berichtet wird, peilen daher oft erst eine Hypothesen-Generierung an bzw. bereiten Daten für größere, zukünftige Analysen auf.
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Verlag: Stuttgart Schattauer utor/Autorin: Hoffmann J u Roshdi K
Erschienen: 2015
Zum Inhalt
Die Autoren haben das Bestreben, Forschungsergebnisse zum Thema Gewalt für Präventionszwecke zu nützen. 25 Experten aus dem Bereich der Psychiatrie, Psychologie, Psychotherapie. Sozialwissenschaft, Erziehungswissenschaft, Entwicklungswissenschaft, Kriminologie tragen neueste Erkenntnisse zusammen: Psychiatrische Aspekte fokussieren den malignen Narzissmus als wichtige Variable für Amok, seien es narzisstische Störungen, aggressives Verhalten, Probleme mit dem Selbstbild u. a. m. Das 3.Kapitel skizziert die forensisch-psychiatrische Begutachtung, die ja u.a. die schwierige und wichtige Frage nach der Schuldfähgkeit zu klären hat. Als zweiter großer Abschnitt nach der Psychiatrie geht es um den Erwachsenen-Amok (Gründe für die altersbezogene Einteilung hat der Rezensent nicht gefunden). Im Kapitel 4 wird in einer kulturgeschichtlichen Betrachtung dem ursprünglichen Amok in der indisch-malaiischen gruppengebundenen und individuellen Erscheinungs-Form nachgegangen.
Kapitel 5 schlägt vor, die Begriffe "Amok" und "Massacker" wegen ihrer Bedeutungsaufladung durch den beschreibenden Terminus "Mehrfachtötung" zu ersetzen; weiter schlägt der Autor vor, die neue Bezeichnung noch durch ein Eigenschaftswort zu konkretisieren: die Mehrfachtötung ist eine "autogene". Dazu der Autor:"Das Adjektiv autogen bedeutet selbsttätig; damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass das Handeln aus eigenem Antrieb und mit eigenen Mitteln durchgeführt wird." (Seite 69).Es geht dem Autor um die inneren Prozesse, die selbstbezogenen Zwecke und Phatasien. Der Rezensent hält den terminologischen Vorschlag teilweise für hinterfragwürdig. "Mehrfachtötung" ist ein rein deskriptiver quantitätsorientierter Begriff. Man muss dann auch formulieren dürfen: Mord als "Einfachtötung" und hätte damit nur ein Etikett ohne Bedeutungsanreiz. "Der Begriff "autogen" ist eigentlich positiv konnotiert ( In Österreich gibt es die staatlich anerkannte Autogene Psychotherapie).. Die Übersetzung mit "selbsttätig" ist ungenau, "autogen" heißt aus sich selbst heraus entstehend und hat etwas vom Flair des Autopoietischen, Teleolologischen. Es macht einen Unterschied, ob man mit autogen nur eine Bewegung meint, oder eine Entwicklung, die aus dem Wesen, der Natur des Menschen entspringt. Anstatt also die Bedeutung von "autogen" abzumagern, könnte man die Ausdrücke "selbstzentriert" oder "autodynamisch" verwenden, (letzteres Eigenschaftswort drückt auch das gewollte "selbsttätig" aus).
Kapitel 6 beschreibt die schwere Gewalt am Arbeitsplatz, Kapitel 7 leitete den dritten Abschnitt des Buches ein, Amok und schwere zielgerichtete Gewalt an Schulen, und schildert die schwere zielgerichtete Gewalt an Schulen. Kapitel 8 bringt den Vergleich zwischen atypischer schwerer Gewalt und zielgerichteter Gewalt an Schulen. Kapitel 9 und 10 beleuchten einerseits dle Sinnhaftigkeit der Bemühung, die scheinbar sinnlose Gewalttat zu verstehen und andererseits Phantasie und Nebenrealitäten von sog. schoolshootern zu berücksichtigen. Der vierte Abschnitt behandelt die Risikoanalyse und das Bedrohungsmanagement: das Problem der Hochrisiko-Täter, die rückfallgefährdet sind; die Warnzeichen, die der Täter vor seiner Tat setzt ,(das sogenannte Leaking), die Präventionsmöglichkeiten von Krisenteams, die Chancen der Schulpsychologie, Auseinandersetzung mit Terrorismus und schließlich Bedrohungsmanagement als eigene Fachdisziplin.
Das Amok-Buch versucht das scheinbar Unmögliche: Die Systematisierung von - Gott sei Dank - extrem seltenen Ereignissen. Die Forschungen, über die berichtet wird, peilen daher oft erst eine Hypothesen-Generierung an bzw. bereiten Daten für größere, zukünftige Analysen auf. Die Vergleiche über die Tötungsarten, die Typologie von Tätern, die Stufen der Amok-Karriere u. v. a. m.- alles im Dienste der Prävention - zeigen, welches weite Land sich hier auftut. Das Buch hilft mit, das große Feld der Möglichkeiten nicht als Bedrohung zu erleben, sondern als Herausforderung zu einem effektiven Bewältigungsmanagement!