Streitgespräche auflösen. Wie Sie gemeinsam zum Ziel kommen.
Amador ist sich seiner Sache sehr sicher: Tausenden Menschen hat er nach eigenen Angaben dieses Konzept nahe gebracht, das nicht nur wichtige Kommunikationsfaktoren (die an die Rogers-Variablen erinnern) bündelt, sondern eine Art Fahrplan für das Gespräch darstellt
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Verlag: Stuttgart Schattauer Reihe Wissen und Leben utor/Autorin: Burkhard A u Stern J
Erschienen: 2015
Zum Inhalt
Vor kurzem erschien das Buch "Lass mich - mir fehlt nichts!" Autor war ebenfalls der Psychologe Xavier Amador. Er beschrieb darin, wie man psychisch kranke Menschen zu einer hilfreichen Krankheitseinsicht bringen könnte. Das von ihm entwickelte LEAP-Konzept enthält ein Akronym, dieses steht für Lauschen (reflexives Zuhören), Empathie, Anerkennen der Meinungsverschiedenheit, Partnerschaft. Man kann - so die Ankündigung des Autors - durch Berücksichtigung von diesen vier Faktoren die Kommunikation wesentlich effektiver machen. 1)Beim reflexiven Zuhören geht es um die wertfreie Aufnahme von Mitteilungen des kranken Menschen. 2) Empathie ist das Bemühen bzw. die Fähigkeit, sich in die Gefühle des Mitmenschen hinein zu versetzen, insbesondere in seine Gefühle, die durch die Krankheit bzw. Krankheitsleugnung hervorgerufen werden. 3)Akzeptanz der Meinungsverschiedenheit zielt auf das Gemeinsame, aber auch Unterschiedliche zwischen den Dialogpartnern. Schließlich gibt es 4) noch die Partnerschaft, die zum Ausdruck bringt, dass man sich um einen gemeinsamen Weg zu einem gemeinsamen Ziel bemüht.
Amador ist sich seiner Sache sehr sicher: Tausenden Menschen hat er nach eigenen Angaben dieses Konzept nahe gebracht, das nicht nur wichtige Kommunikationsfaktoren (die an die Rogers-Variablen erinnern) bündelt, sondern eine Art Fahrplan für das Gespräch darstellt. Dieser Fahrplan macht sicher, wirkt aber bei häufiger Anwendung möglicherweise mechanisch. Ein Beispiel: Auf Seite 169 wird der Einsatz der drei A-Werkzeuge empfohlen. Zunächst leistet der LEAP-geschulte Gesprächspartner ABBITTE, dass er dem/der anderen Unannehmlichkeiten bereitet durch seinen Standpunkt, dann die ANERKENNUNG der eigenen Fehlbarkeit und schließlich die ABSTIMMUNG, die eigentlich ein Feststellen der (Nicht- ) Übereinstimmung bedeutet. Spätestens bei der nächsten Meinungsverschiedenheit wird dem Gesprächspartner auffallen, dass sich der LEAP-Anwender schon wieder am Anfang entschuldigt, die Möglichkeit eines Irrtums einräumt usw. Im großen Zusammenhang mag die Abfolge Lauschen - Einfühlen - Akzeptanz/Abstimmung - Partnerschaft immer wieder die optimale sein, im kleinen Gesprächsablauf wirkt eine fixe Gesprächsstruktur nicht sehr lebendig.
Amador unterstreicht auch in diesem Buch die Fundiertheit seiner Methode, das Kapitel "Die Psychologie von LEAP" ist allerdings ganz schmal ausgefallen. Es wird auf die sog. motivierende Gesprächsführung ( eine sich auf Rogers berufende Behandlung mit direkterem Vorgehen als die ursprüngliche klientenzentrierte Methode, eingesetzt bei abhängigen, sehr ambivalenten Patienten) als wichtige Fundierung hingewiesen, der Hinweis bleibt aber ohne näheren Angaben. Das ist schade, weil Amador durchaus nicht verlegen ist, wenn es um die Berufung auf psychologische Erkenntnisse für LEAP geht: Z.B. zu einer Teilstrategie, der Verzögerungstaktik (man hält eine Antwort auf Fragen des Gegenübers aus taktischen Gründen zurück) meint Amador, dass sie im Gesprächspartner die Kontrollüberzeugung, das Gefühl, den Prozess weitgehend zu lenken, eine ganz wichtige, Sicherheit spendende innere Einstellung stärkt.
Bei der Besprechung des ersten Buches stellte der Rezensent fest: "Derzeit ist der Trend beobachtbar, eklektisch-pragmatisch in die Tools-Kiste zu greifen, das Zusammengetragene mit einem neuen Namen zu versehen, eine spezifische Wirkung auf ein ganz bestimmtes Indikationsfeld zu behaupten und schließlich durch breit angelegte Evaluationen zu bestätigen." Dazu kommt dann eine möglichst einfache Bedienung. Schließlich erfolgt eine Anwendungsgeneralisierung der ursprünglich spezifisch indizierten Methode. Diese ursprüngliche Spezifität wird gern im weiteren in den Hintergrund gedrängt. So auch beim vorliegenden Buch, zunächst für die Förderung der Adhärenz bei Schizophrenen bestimmt, nun im Folgeband bereits eine Interkonfliktlösungsmethode für das ganze Leben, wobei der ursprüngliche Grund für die Entwicklung von LEAP nur angedeutet, im Hintergrund bleibt.
Bei allem Vorbehalt, der hier angeklungen sein mag, gibt es sicher auch die Meinung:" Na und? Hauptsache, es wirkt!" Und es gibt auch die Erfahrung, dass LEAP wirkt. Tatsächlich dürfte der Erfolg dem Autor Recht geben. Sein Vorschlag für ein bestimmtes Procedere macht Mut und macht auch neugierig.
Die Dialoge in diesem Buch wirken ungeschönt, authentisch, klammern die vielen Hürden im Gespräch nicht aus. Wer den pragmatischen Aspekt teilt, der wird in diesem Buch viele Beispiele und Anregungen finden, wie die Kommunikation besser erfolgen kann! Und das LEAP-Konzept "meldet" sich bei jeder wichtigen Gesprächssituation von selbst:"Jetzt muss ich zuerst zuhören, lauschen.." So macht die Gesprächsfertigkeit einen Sprung, eben LEAP!